Hallo zusammen!
Ich bin 27 Jahre alt, mache momentan meinen Master und habe Anfang dieses Jahres den Entschluss gefasst, FaMI zu werden. Nun habe ich schon einige Beitragsersteller gesehen, die fragen, ob sie zu alt sind. Mich würde aber eher interessieren, ob man mit einem Master definitiv als zu überqualifiziert gilt? Es scheint wohl zumindest eine Person zu geben, die mit Magister in der Berufsschule saß, aber da weiß man ja auch nicht, welche Umstände dazu geführt haben.
Ein bisschen mehr zu meinen bisherigen Bemühungen:
Ich wohne im Ruhrgebiet und habe circa 25 Bewerbungen abgeschickt (fast nur für Stadtbibliotheken). Da es mir sehr wichtig ist, in der Gegend hier zu bleiben, habe ich mich wirklich überall im Umkreis beworben, wo es nur ging. Leider habe ich direkt nach der Bewerbung über 5 Absagen bekommen und 2 Absagen nach einem Interview gekriegt. Es laufen zwar noch einige Bewerbungsprozesse, aber langsam mache ich mir Sorgen, dass meine Chancen eher schlecht sind, so wie es mir eigentlich auch jeder in meinem Umfeld vermitteln möchte. Auch frage ich mich, ob 25 Bewerbungen nicht zu wenig waren, aber ich habe schon etliche Stunden in diese Online-Tests gesteckt und mehr hätte ich vermutlich wirklich nicht hingekriegt. Man hört ja immer wieder von Leuten, die 70-100 Bewerbungen abschicken und da frage ich mich, wie man das hinkriegen soll. Gerade wenn man kein Auto hat ist es während Corona ja auch total anstrengend, fürs Interview in neue Städte zu fahren, in denen man sich nicht auskennt und teilweise sehr lange Wege auf sich zu nehmen. Es steckt schon ein enormer Aufwand dahinter. Das ist wohl der Nachteil an der FaMI-Ausbildung, dass sie meistens nur 1-2 Mal pro Stadt angeboten wird
In meinem letzten Interview wurde ich am Ende gefragt, warum ich denn nicht einfach den Master zu Ende mache und dann ein zweijähriges Bibliotheksreferendariat
beginne. Ich hab dargelegt, dass ich mich durch den Master quäle (natürlich nicht in der Wortwahl ) und eigentlich genug von uni-ähnlichen Zuständen habe (so müsste man am Ende des Referendariats eine Arbeit im Umfang einer Masterarbeit anfertigen, was für mich jetzt schon absoluter Horror ist und was ich seit Monaten vor mir herschiebe und mich verzweifeln lässt) und so ein Referendariat in NRW z,B. auch gar nicht angeboten wird.
Zusätzlich muss ich aber sagen, dass das Studium und eine "wissenschaftliche Laufbahn" für mich absolut nichts ist. Ich habe es tatsächlich eher aus Glück soweit geschafft (mein Studiengang ist wiiirklich leicht im Vergleich zu anderen) und auch meinen Eltern zuliebe habe ich vermutlich viel Energie reingesteckt/mir eingeredet, dass ein Studium der einzig "richtige" Weg ist. Durch erste Arbeitserfahrungen während des Masters habe ich aber festgestellt, dass ich ein Mensch bin, der Spaß am Job braucht und mit viel Verantwortung/Herausforderungen/Leitung nicht klarkommt, weil er sonst krank wird. Hat jemand vielleicht Tipps, wie ich in einem nächsten Gespräch darlegen könnte, dass trotz meines Masters eine Ausbildung deswegen viel besser zu mir passt? Stress gibt es natürlich in jedem Job, aber je nach Position gibt es da ja auch enorme Unterschiede.
Ich habe die Vermutung, dass viele davon ausgehen, dass ich anfange, mich während der Ausbildung unterfordert zu fühlen und deswegen dann abbreche. Jahrelang für einen spezifischen Job eingearbeitet zu werden ist für mich aber tausend Mal besser, als das Studium abzuschließen, dann ins kalte Wasser geworfen zu werfen und nach kürzester Einarbeitung selbst zuzusehen, wie man im neuen Job klarkommt....und da ich zwar grob weiß, was ein FaMI macht, aber nicht genau einschätzen kann, in welchem Ausmaß welche Aufgaben anfallen, fände ich es als Begründung, warum ich nicht auf den Job des Bibliothekars hinarbeite, schwierig z.B. zu sagen "ich will keine Verantwortung/viel Stress im Job", da es ja wahrscheinlich sehr wohl Aufgaben gibt, bei denen FaMIs Verantwortung tragen oder es öfters zu stressigen Situationen kommt. Zu sagen, dass das Studium der falsche Schritt für mich war, kommt vielleicht auch etwas merkwürdig, da ich den Master fast abgeschlossen habe. Ob dann das Argument "ich bringe Sachen gerne zu Ende" zieht, da bin ich mir auch nicht so sicher. Ich habe leider auch viel zu spät gemerkt, was ich mal mit meinem Leben anfangen will und auch zu spät gemerkt, was meine Stärken sind und welche Art der Arbeit mir liegt und welche nicht. Hätte ich die Chance, noch einmal "von vorne" anzufangen, hätte ich mich vermutlich direkt für die FaMI-Ausbildung entschieden...
Beim ersten Vorstellungsgespräch kam das Thema der Überqualifizierung z.B. auch gar nicht auf und ich war nicht sicher, ob ich von mir aus darauf eingehen soll, um direkt irgendwelche Bedenken zu zerstreuen oder ob es überheblich wirkt. Überraschenderweise wurde mir in beiden Vorstellungsgesprächen, in denen ich war, mitgeteilt, dass händeringend FaMIs gesucht werden, was meiner bisherigen Erfahrung irgendwie widerspricht, da bei beiden Interviews schon ziemlich viele Bewerber da waren. Liegt das daran, dass weniger FaMIs ausgebildet werden, als gebraucht werden? Es fällt mir auch schwer, einzuschätzen, was genau einen beim Bewerbungsgespräch von anderen abheben könnte.
So, ich hoffe das ist nicht alles zu wirr geschrieben, es ist länger geworden, als ich dachte. Es würde mich sehr freuen, von Erfahrungen zu hören oder vielleicht auch den ein oder anderen Ratschlag zu kriegen.
Viele Grüße