Zitat von Bavaria
Guten Morgen,
vor einigen Tagen habe ich diesen Beitrag gelesen und würde gerne mal eure Meinung zu dem Thema wissen:
https://bibliotheken-online.co…h-bibliotheken-selbst-ab/
Das Problem ist in meinen Augen auch, dass ein deutlicher Pozentsatz der FaMIs nach abgeschlossener Ausbildung sich bald Jobs in anderen Bereichen suchen u./o. studieren, weil sie von der Ausbildung, dem Arbeitsalltag und dem Miteinander unter den Kolleg*Innen komplett ernüchtert und enttäuscht sind.
- das kann man so pauschal nicht sagen. aus meinen jahrgang arbeitet nur noch die hälfte gefühlt als fami. viele suchten sich dann eine neue ausbildung oder studieren, weil man merkte, dass die bibliotheksarbeit doch nicht das richtige für einen ist.
Zu der Zeit als ich als FaMI für UBs ausgebildet wurde (Anfang der 2000er), hat man meinen Mitauszubildenden und mir das Blaue vom Himmel versprochen, z.B. harmonisches Arbeitsumfeld unter Gleichgesinnten, sehr gute und stetig steigende Bezahlung, flexible Arbeitszeitkonditionen, Entfristung und Jobsicherheit bis zur Rente, Verbeamtung im mittleren öffentlichen Dienst, etc. pp. Außer mir arbeitet keiner der ehemaligen Azubis von damals noch in diesem Beruf.
- ganz anderst als bei uns. bei uns sagte der ausbildungsbetrieb gleich, dass nicht alle übernommen werden können, weil überbedarflich ausgebildet wird. das hat schon sehr motiviert *ironie*
Die Realität sieht jedoch völlig anders aus. In einer Bibliothek zu arbeiten bedeutet inzwischen fast nur noch Stress pur, die ständig steigende Arbeitslast wird auf viel zu wenige Schultern verteilt und bei vorsichtig ausgesprochener Kritik wird einem der Mund verboten.
- da ist was dran. nicht alle stellen, wo die kollegen in rente gehen, werden neu besetzt und dann muss man die arbeit mitmachen.
manchmal auch nur vorübergehend bis die stelle ausgeschrieben und wiederbesetzt ist, das wäre der optimalfall.
Die Arbeitszeiten sind teilweise schlimmer als in der freien Wirtschaft, oft auch viel zu unflexibel.
Von unbefristeten Stellen kann man höchstens noch träumen, es heißt dann immer: "Ja, die ersten zwei bis vier Jahre sind befristet sozusagen eine verlängerte Probezeit, die Entfristung kommt dann irgendwann schon".
- wenn man gute arbeit leistet, dann bemüht sich die bibliothek schon um eine entfristung. bis zur halben entfristung habe ich auch rund 7 jahre als elternzeitvertretung gearbeitet ehe ich dann einen halben fuß in der tür hatte. aber besser so als vom amt leben zu müssen. habe sehr oft gehört, warum ich mich immer weiter befristen ließ und lasse, das würde ich nicht machen.. und die personen leben vom amt und haben viel viel weniger.
Und dann stehst Du trotz guter Leistung nach zwei Jahren wieder auf der Straße. Verbeamtungen werden kaum noch ausgesprochen, nicht einmal für studierte Bibliothekare.
- wer will heutzutage schon bei den preisen verbeamtet werden? kenne beamte, die müssen für operationen das geld vorstrecken und wer hat schon 10000 einfach so als anzahlung?
Viele Bibliotheken haben ein großes Mobbingproblem unter den Kolleg*Innen, so das viele irgendwann einfach aufgeben, oder sich dauerhaft krankschreiben lassen, in Reha müssen, etc. Dazu ist mir das Phänomen aufgefallen, dass es extrovertierte FaMIs und Bibliothekare oft sehr schwer in unserem Job haben.
- ich hatte das auch in der ausbildung und in der vorigen bibliothek. aber das ist in jeder branche so. man kann nicht mit der ganzen welt auskommen. und beim stellenwechsel ging es denen nicht schnell genug, zumindest in der einen abteilung. nachmittags war ich ja in einer anderen zweigstelle und da hat man mich als kollegen und meine arbeit sehr geschätzt.
Was bei den Kunden / Benutzern gut ankommt, (z.B.: Freundlichkeit, kommunikativ sein, auf andere Menschen zugehen) wird jedoch von KollegInnen / ChefInnen oft mit dem Vorwurf quittiert, man würde nicht ins Team passen und kann in der Probezeit durchaus eine Kündigung zur Folge haben.
Nur, wie kann das sein? Sind extrovertierte Menschen vielleicht nicht so gerne gesehen in unserem schönen Beruf?
- wie gesagt, das kommt auf das umfeld drauf an. ich als autist kann nicht einfach so smalltalk an der kaffeemaschine halten, zumal ich keinen trinke. und manche empfinden sowas als nicht gutes betriebsklima, aber man arbeitet ja nicht, um freundschaften zu schließen.
In einigen Städten gibt es inzwischen einmal im Jahr eine sog. Leistungsprämie, die der Vorgesetzte festlegt, sprich selbst wenn man sich abrackert wie ein Brauereigaul, kann es sein das Du kaum etwas bekommst, sollte Dich dein Vorgesetzter nicht mögen.
- dennoch kann man ihn mit argumenten überzeugen, wenn du es auch nachweisen kannst.
Bei den Vorstellungsgesprächen wird oft noch vollmundig suggeriert, was man für einen tiefenentspannten Job in einem tollen Team bekommt. Und von Außenstehenden bekommt man immer wieder zu hören, man würde für das "viele" Geld, dass man im Monat bekommt, ja kaum etwas tun müssen, wie gut man es doch habe...🙄
- dazu sag ich immer, und die bücher fliegen von der buchhandlung ins regal?
Bei diesen ganzen Faktoren wundert es nicht, dass es kaum noch Leute gibt, die in unserem Berufszweig arbeiten wollen. Menschen, die den öffentlichen Dienst als Arbeitgeber wählen, tun dies aus gutem Grund. Sie tun dies aus Überzeugung und Liebe, sie wollen nicht unter den Unsicherheiten und den kaum auszuhaltenden Leistungsdruck der freien Wirtschaft leiden und das ist auch gut so! Wenn also unser Beruf wieder attraktiver werden soll, muss sich ganz dringend einiges ändern.
- ich habe nach einem praktikum in der BVB-maßnahme in unserer stadtbücherei mich bewusst für den bereich entschieden, da ich schon seit der 5.klasse fast jeden zweiten tag in die bibliothek gegangen bin. und habe mit der ausbildung auch das fachabitur gemacht, um mir die option offen zu halten, noch einen bachelor draufzusetzen.