“Bibliothek des Jahres 2007“

  • Pressemitteilung
    Berlin, den 07. August 2007


    Bücher öffnen Welten:
    Die Gefangenenbücherei der JVA Münster ist die “Bibliothek des Jahres 2007“.


    Der Preis “Bibliothek des Jahres” des Deutschen Bibliotheksverbandes und der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius wird in diesem Jahr zum achten Mal verliehen. Die Auszeichnung 2007 geht an die Gefangenenbücherei der Justizvollzugsanstalt (JVA) Münster. Sie erhält den mit 30.000 Euro ausgestatteten einzigen nationalen Bibliothekspreis.


    Die Gefangenenbücherei der JVA Münster wurde als “Bibliothek des Jahres 2007” ausgezeichnet, weil es der Bücherei gelingt, unter ganz besonderen Bedingungen und mit spezieller Aufgabenstellung einen hervorragenden Beitrag zur Integration durch Kultur und Bildung zu leisten. Mit der
    2005 vorgenommenen Kernsanierung und Neukonzeption durch das Architektenbüro Bolles & Wilson hat die farbenprächtige Bücherei einen Qualitätssprung geschafft. Sie ist eine vorbildliche Einrichtung der sozialen Bibliotheksarbeit, die sich in optimaler Weise konsequent an den Bedürfnissen ihrer Zielgruppe ausrichtet und so als kreativer Impulsgeber für andere Gefangenenbibliotheken wirkt.


    Termin der feierlichen Preisverleihung in Münster ist der


    24. Oktober 2007 – am Tag der Bibliotheken.


    In diesem Jahr wählte die Jury die Siegerin aus sechs Bibliotheken unterschiedlichster Größe und Aufgabenstellung aus, die wegen ihrer hervorragenden Leistungen von den Landesverbänden und Sektionen des Deutschen Bibliotheksverbandes für die engere Auswahl nominiert wurden.


    Das Finale der Entscheidung erreichten neben der Gefangenenbücherei der JVA Münster auch die Universitätsbibliothek Karlsruhe
    (www.ubka.uni-karlsruhe.de/) und die Stadtbibliothek München (www.muenchner-stadtbibliothek.de/). Die Universitätsbibliothek Karlsruhe überzeugte die Jury als moderne 24-Stunden-Bibliothek mit tausend funk- und festnetz-vernetzten Leseplätzen und mit Selbstverbuchung durch RFID-Technologie. Begeistert war die Jury auch von der konsequenten Weiterentwicklung des international vertriebenen Karlsruher Virtuellen Kataloges (KVK) und der Integration von Web 2.0 in die Serviceleistungen. Die Jury war sehr beeindruckt von dem modernen, kundenorientierten Service der Stadtbibliothek München, der sich in einem hochaktuellem Medienangebot, dem Einsatz von RFID-Technologie, der elektronischen Ausleihe von E-Books und E-Audio, dem breit angelegten Kulturprogramm, dem hervorragenden Informationsmaterial und einer hochprofessionellen Öffentlichkeitsarbeit zeigt.


    Die nominierten Bibliotheken wurden von den Jurymitgliedern nach folgenden Kriterien bewertet:
    • die Qualität und Innovation der bibliothekarischen Arbeit,
    • ihre Zukunftsorientierung,
    • ihre nachhaltige Wirkung,
    • ihre attraktiven Serviceleistungen,
    • ihre medienwirksame Öffentlichkeitsarbeit und
    • ihr internationales Engagement.


    Für die Entscheidung, die Gefangenenbibliothek der JVA Münster als die „Bibliothek des Jahres 2007“ auszuzeichnen, sprach vor allem:


    • Die grundlegende, beispielhafte Neugestaltung nach dem Vorbild
    der Stadtbibliothek Münster als origineller, effektiver Bibliothek und der dadurch gewachsenen Qualität der Büchereiarbeit.


    • Die im geschlossenen Vollzug dieser Größe einzigartige
    Freihandausleihe mit einem aktuellen, vielseitigen, übersichtlich präsentierten Bestand in einem attraktiven und zentral gelegenen Raum.


    • Die hohe Professionalität, die sich in der konsequenten
    Kundenorientierung ausdrückt, und bewirkt, dass 80% der Zielgruppe (528 Haftplätze im geschlossenen Vollzug) die Bücherei nutzt. Auch die Medienausleihe ist in den vergangenen Jahren von 37,4 (2002) Ausleihen pro Haftplatz auf 52,6 (2006) Ausleihen gestiegen. Der große Stellenwert der Bücherei bei den Benutzern zeigt sich auch in den Ergebnissen einer Umfrage, die ergab, dass Lesen (79,1%) noch vor Fernsehen (71,8%) die beliebteste Freizeitbeschäftigung in der Haftanstalt ist. Dies ist umso erstaunlicher, als viele Gefangene aus eher bildungsfernen Bevölkerungsgruppen stammen.


    • Die Bereitstellung von Offline-Katalogen auf den Abteilungen für
    die Inhaftierten, mit der erstmals unter den gegebenen institutionellen Bedingungen - aus Sicherheitsgründen gibt es keine selbständig durch Gefangene nutzbare Informationstechnologie - ermöglicht wird, künftig auch weitere Informationen digital zugänglich und recherchierbar zu machen, und so die technische Innovation weiter voran zu treiben.


    • Die konsequente Weiterentwicklung der Bibliothek und ihre
    nachhaltige Wirkung als ein wichtiges Instrument zur Resozialisierung inhaftierter Menschen. Die Bücherei ermöglicht Inhaftierten eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung und Verbesserung ihrer Lesefähigkeit, indem sie aktuelle Medien zur Unterhaltung, Wissensförderung und Selbsterfahrung anbietet.


    • Durch den im Dezember 2006 gegründeten „Förderverein
    Gefangenenbüchereien“ wurde die Grundlage dafür geschaffen, die modellhaften Erfahrungen in Münster nachhaltig überregional zu verbreiten.


    • Beeindruckend ist die vielfältige Öffentlichkeitsarbeit der
    Gefangenbücherei nach innen und nach außen. Die gute Einbindung in die JVA zeigt sich in der intensiven Nutzung und der Unterstützung durch die Anstaltsleitung. Bemerkenswert ist die enge Kooperation mit der Stadtbibliothek, die sich nicht nur in der Ausleihmöglichkeit für die JVA bei der Stadtbibliothek, sondern auch in gemeinsamen Veranstaltungen wie bei der „Langen Nacht der Bibliotheken“ zeigt. Damit ist die Gefangenenbücherei auch jenseits der Mauern in der Stadt präsent.
    Veranstaltungen in der Bücherei mit bekannten Autoren wie Bernhard Schlink oder Anant Kumar haben reges Interesse und positives Echo gefunden. Dadurch wird den Gefangenen nicht nur ein anderer Zugang zur Literatur, sondern auch die Teilnahme am kulturellen Leben ermöglicht.


    • Internationalität ist in der JVA Münster an der Tagesordnung:
    die Bücherei bietet ihren Benutzern aus aller Welt eine Vielfalt von Büchern in 30 Sprachen an. Sie ist außerdem in das Netz des internationalen Bibliotheksverbandes IFLA aktiv eingebunden.


    Die Jury würdigte auch die mit großer Sorgfalt zusammengestellten Bewerbungsunterlagen, die sich als professionell gestaltetes Kompendium der modernen Gefangenenbibliotheksarbeit lesen. Die Jury tagte unter Vorsitz von dbv-Präsidentin Gudrun Heute-Bluhm, Oberbürgermeisterin von Lörrach. Das Votum für die Gefangenenbücherei Münster fiel einstimmig aus.


    ZEIT-Stiftung Gerd und Ebelin Bucerius
    Gestalten, neue Herausforderungen erfassen, Projekte entwickeln und realisieren, engagierte Menschen bei wissenschaftlichen, kulturellen und erzieherischen Vorhaben unterstützen – das sind die Ziele der 1971 gegründeten ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius. Sie ist in Hamburg und weit darüber hinaus tätig.


    Die ZEIT-Stiftung gehört zu den großen privat errichteten gemeinnützigen Stiftungen in Deutschland. Der Name des Stifters Gerd Bucerius lebt in ihren wichtigsten Einrichtungen fort – der Bucerius Law School, dem Bucerius Kunst Forum und dem Bucerius LERN-WERK, dem Gerd Bucerius-Doktorandenprogramm für junge Historiker, dem Gerd Bucerius-Förderpreis Freie Presse Osteuropas und der Bucerius Summer School on Global Governance. Bis heute hat die Stiftung mehr als tausend Vorhaben finanziell unterstützt – darunter auch den Preis "Bibliothek des Jahres" – und viele davon selbst entwickelt und umgesetzt.


    Der Deutsche Bibliotheksverband e.V. (dbv) Im Deutschen Bibliotheksverband e.V. (dbv) sind ca. 2.000 Bibliotheken aller Sparten und Größenklassen Deutschlands zusammengeschlossen. Der gemeinnützige Verein dient der Förderung des Bibliothekswesens und der Kooperation aller Bibliotheken. Sein Anliegen ist es, die Wirkung der Bibliotheken in Kultur und Bildung sichtbar zu machen und ihre Rolle in der Gesellschaft zu stärken. Zu den Aufgaben des dbv gehört auch die Förderung des Buches und des Lesens als unentbehrliche Grundlage für Wissenschaft und Information, sowie die Förderung des Einsatzes zeitgemäßer Informationstechniken.


    Kontakt:


    Prof. Dr. Gabriele Beger
    Vorsitzende des Deutschen Bibliotheksverbandes e.V. (dbv)
    Tel.: 030/39 00 14 80
    E-Mail: dbv@bibliotheksverband.de
    http://www.bibliotheksverband.de


    Dipl.-Bibl. Gerhard Peschers
    Fachstelle Gefangenenbüchereiwesen bei der JVA Münster
    Tel: 0251/23 74-116
    Email: gerhard.peschers@jva-münster.nrw.de
    www.jva-muenster.nrw.de (Aufgaben / Freizeit: Bücherei) www.gefangenenbuechereien.de



    Mitglieder der Jury und weitere Informationen:
    http://www.bibliotheksverband.de/bibliothekdesjahres/

    Wer mühelos tut, was anderen Mühe macht, hat Talent; wer tut, was dem Talentierten unmöglich ist, hat Genie