Thema des Monats Februar 2007: Prüfungsangst

    • Offizieller Beitrag

    Prüfungsangst


    "Nur vor der Angst muss man Angst haben" , Franklin D. Roosevelt


    Nach der Prüfung ist vor der Prüfung. Im Leben jedes Menschen gibt es Situationen, in denen seine Leistungen eingeschätzt werden. Egal ob es sich dabei um die Zulassungsprüfung zum Gymnasium handelt, die theoretische und die praktische Führerscheinprüfung. Aufnahmetest bei Bewerbungen oder zur Studiumszulassung und natürlich die Zwischenprüfung und die Abschlussprüfung bei der Ausbildung.


    Viele kennen die leichte Unruhe die einen vor eine Schulaufgabe, einer Klausur oder einer Zwischenprüfung befällt. Das größte Merkmal ist hier wohl die Angst, zu versagen oder eine schlechte Note zu erzielen (=die Erwartungen nicht zu erfüllen), vor allem in Fächern, die besonders schwer fallen.


    In diesem Thema des Monats werde ich versuchen, die Ursachen von Prüfungsangst aufzuzeigen und ein paar Strategien aufzeigen, wie man besser damit umgehen kann.


    Ursachen der Prüfungsangst


    Die Angst in der Prüfungsangst ist die Angst vor der Bewertung durch eine Autorität (Lehrer, Prüfungskomitee). Im Grunde geht es bei der Prüfung nicht um die Bewertung der Person sondern um das wiedergegeben von Wissen. Ein eher schlechteres Ergebnis sagt somit rein gar nichts über den Wert einer Person aus sondern über das Wissen zu einem bestimmten Thema an einem bestimmten Zeitpunkt. [stopper]


    Gerade Abschlussprüfungen haben einen großen Einfluss auf den weiteren Lebensweg, so das Zukunftsängste die „Panik“ verstärken und ganze Horroszenarieren von Konsequenzen nicht bestandener Prüfungen im Kopf kreiert werden können, die dazu führen, dass man der Prüfung einen größeren Stellenwert in der Biografie einräumt, als sie – objektiv betrachtet – eigentlich hat.
    Auf der anderen Seite sollte eine Prüfung auch nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Das Ziel sollte sein, das bestmögliche Ergebnis zu erreichen.


    Nicht unterschätzen sollte man die Wirkung von Glücksbringer und Ritualen. Am Prüfungstag sollte man das Glücksstofftier oder das Medaillon dabei haben, allein der Glaube an die Wirkung, kann in einem Blackout Moment dafür sorgen, dass dieser vergeht.


    Es ist durchaus normal, vor der Prüfung nervös und aufgeregt zu sein. Der Adrenalinpegel und die Atemfrequenz steigt, es wird mehr Blut durch die Adern gepumpt, der Körper steht unter Stress, das dazu führt, das man sich während der Prüfung gut konzentrieren kann und eventuelle Müdigkeit, wenn man Abend zuvor doch noch ein bisschen zu lange gelernt hat, sind wie weggeblasen. Normalerweise nimmt die Erregung ab, je länger die Prüfung dauert, sobald man das Gefühl hat, die Situation unter Kontrolle zu haben.
    Prüfungsangst, wobei das Wort hierbei eigentlich zu ungenau ist, man müsste eigentlich von Prüfungspanik sprechen. Dabei kann man zwischen drei verschiedenen Arten von Angst unterscheiden:
    „normale“ Angst, die in diesem Fall leichte Nervosität wäre (Ich habe gelernt, weiß aber nicht, was auf mich zukommt)
    begründete Angst, weil man schlicht und einfach nicht gelernt hat
    phobische Angst, also unbegründete Angst.


    Die mündliche Prüfung hat einen höheren Angstfaktor als die schriftliche Prüfung. Das liegt daran, das bei der mündlichen Prüfung sehr viel mehr Unsicherheitsfaktoren ins Spiel kommen, als bei der schriftlichen. Bei dieser kann im schlimmsten Fall eine Art Aufgabe zu lösen sein, auf die man sich nicht vorbereitet hat.
    Bei einer mündlichen Prüfung können gänzlich unerwartete Fragen, die mit den gestellten Aufgaben gar nichts zu tun haben, z.B. aus dem aktuellen Zeitgeschehen oder man könnte ja einen Prüfer erwischen „der einen noch nie leiden konnte“. Neben dem Fachwissen werden auch andere Kriterien z.B. das Auftreten oder die Strukturierung der Antworten oder das Prüfungsgespräch zu gestalten bewertet. Das Horrorszenario macht sich im diesen Fall mehr an der Person des Prüfers fest als am Inhalt, wie das bei der schriftlichen Prüfung der Fall ist.


    Typische Symptome während der Vorbereitungszeit sind: Alpträume, das Gefühl, eingeengt zu sein, Zeitmanagementprobleme, Appetitlosigkeit, Durchfall, depressive Verstimmung, Reizbarkeit, Antriebslosigkeit, Versagensängste, Stimmungsschwankungen, Konzentrations-, Aufmerksamkeits- oder Merkfähigkeitsstörungen, Selbstzweifel, Grübelei, Unlustgefühle oder Denkblockaden.


    Während der Prüfung können Symptome wie Herzrasen, Schweißausbrüche, Übelkeit, kalte Hände, Schwindelgefühl, allgemeine Unruhe, zitternde Hände, Stottern, zu schnelles Sprechen, Verhaspeln, Erinnerungsverluste und der gefürchtete Blackout auftreten.


    Weitere Faktoren der Prüfungsangst haben ihre Ursache meist schon in der Kindheit. Ein gering ausgeprägtes Selbstbewusstsein (z.B. auf Grund geringer Selbstliebe bzw. -Akzeptanz oder dem „Einreden“, dass man ja doch nichts kann- sowohl von innen als auch von außen) oder ein stark ausgeprägter Ehrgeiz (für sich selbst oder für andere z.B. für oder auf Grund des Druck der Eltern oder eigener Erwartungen) können unter anderem dazu führen, das Prüfungen im späteren Leben zu Angstfaktoren werden.
    Der schlimmste Fall ist die „Ich muss unbedingt X schaffen!“ Einstellung. Vor allem unrealistische Ziele setzten einen selber unter Druck.
    Prüfungen haben oftmals auch den Charakter einer „Bewertung“ einer Person, etwas das in der heutigen Leistungsgesellschaft, in der nur gute Leistungen etwas zählen, das Selbstwertgefühl stark untergraben können, vor allem wenn andere die Prüfung scheinbar mühelos hinter sich gebracht haben.


    Mitunter kommen zu der inneren Anspannung auch äußere Faktoren dazu: Man hat Stress mit der Familie, Freund/Freundin, es gab einen Todesfall oder Krankheit.


    Die Prüfungsangst muss nicht unbedingt nur während der Prüfung auftreten. Im allgemeinen entscheidet man vier unterschiedlich Angstfaktoren:


    Angst vor der Prüfungsvorbereitung
    Angst vor der Prüfungssituation
    Angst vor den Folgen des Versagens in der Prüfung: vor Selbstanklagen oder Blamage
    Angst vor den Folgen einer bestandenen Prüfung: Angst, den danach folgenden Leistungsanforderungen nicht gewachsen zu sein


    Je nach Art der Angst, gibt es verschiedene Möglichkeiten, die Angst zu bekämpfen.


    Angst vor der Prüfungsvorbereitung


    Problemursachen können falsche oder unzureichende Strategien zur Vorbereitung auf Prüfungen sein. Wer kennt es nicht: Das herausschieben von unbeliebten Aufgaben auf den letztmöglichen Zeitpunkt, oder während man sich mit dem Lernen beschäftigt, das ständige Gefühl, dass es Dinge gäbe, die man in dieser Zeit eigentlich oder lieber erledigen würde, wenn nicht der Prüfungstermin wie ein Damoklesschwert über einen hängen würde.


    Der vielleicht wichtigste Punkt ist es rechzeitig anzufangen und vor allem, sich überwinden, zu beginnen. Eine realistische Zeitplanung, die auch Pufferzonen für unerwartetes wie Krankheit offen lässt ist das A und O. im nächsten Thema des Monats gibt es an dieser Stelle Tipps, wie man den inneren Schweinehund austricksen kann.


    Angst vor der Prüfungssituation


    Die Angst entsteht hierbei durch die Vorstellung der Prüfungssituation, z.B. durch unerwartete Fragen, auf die man sich nicht vorbereitet hat oder durch schlechtgelaunte Prüfer, die „einen nicht leiden können“. Sie bezieht sich meistens auf die Prüfung selbst, sie kann sich jedoch auf die Zeit davor richten, z.B. das man glaubt, sich nicht genug vorbereitet zu haben oder die Prüfung so schwer sei, dass man sie eh nicht bestehen könnte. Der Furchtauslösende Faktor ist demnach die eigenen Fantasie, die Angst vor dem Unbekannten, was in der Prüfung auf einen zukommt.
    Hier kann man leicht ansetzen. Man sollte versuchen, so viele Informationen wie möglich zur Prüfung zusammenzutragen:
    Welche Dokumente benötigt man zu Anmeldung?
    Wann ist Anmeldeschluss?
    Wann und Wo findet sie satt?
    Wie ist der Weg zum Prüfungsort?
    Wie läuft die Prüfung ab? Welche Art von Fragen werden gestellt (Offene Fragen, multiple Choice Fragen?)
    Wieviel Zeit hat man zur Lösung der Aufgaben?
    Usw.
    Je mehr Informationen man hat, um so weniger wird einem die Phantasie ein Streich spielen.
    Man sollte auch immer die Gelegenheit nutzen, Probeprüfungen mitzuschreiben oder mündliche Prüfungen durchzuspielen. Man gewöhnt sich so schneller an die unbekannte Situation und ist somit am Tag X deutlich weniger nervös. Eine Gute Quelle sind Mitschüler, die die Prüfung schon hinter sich gebracht haben oder Auszubildende in höheren Lehrjahren.
    Man kann auch versuchen, sofern möglich, sich alte Prüfungsaufgaben zu besorgen und diese unter den simulierten Prüfungsbedingungen zu lösen. So kann man sich mit der Art der Fragestellung vertraut machen und zugleich sein bereits gelerntes Wissen überprüfen.


    Angst vor den Folgen des Versagens in der Prüfung: vor Selbstanklagen oder Blamage


    Eine nichtbestandene Prüfung ist nicht das Ende der Welt. Bei jeder Prüfung gibt es die Möglichkeit sie zu wiederholen. Es kann auch helfen, eines der persönlichen „Horrorszenarien“ zu Ende zu fantasieren: Welche Reaktion würden die Betroffenen zeigen? Mitunter ist die Fiktion viel pessimistischer als die Realität. Man sollte versuchen, sich positiv zu programmieren: „Die Prüfung ist eine Herausforderung und ich werde sie mit einem gutem Ergebnis bestehen.“
    Nahezu jede Prüfung lässt sich auch ein zweites Mal wiederholen. Eine nichtbestandene Prüfung sollte man als Herausforderung sehen, etwas an seinen Lern- und Zeiteinteilungsgewohnheiten zu ändern und es beim nächsten Mal besser zu machen.


    Angst vor den Folgen einer bestandenen Prüfung: Angst, den danach folgenden Leistungsanforderungen nicht gewachsen zu sein


    Eine Prüfung markiert oft einen Wendepunkt im Leben. Nach dem Abitur geht man studieren, nach der Fahrprüfung darf man endlich Autofahren. Da ist es verständlich, dass man vor dem, was auf einen zukommt, Respekt hat. Doch da ist das Leben. Niemand weiß was seine Zukunft bringt. Wenn man seinen Führerschein in der Tasche hat – also ein objektiver Prüfer der Meinung ist, dass man Autofahren kann dann hat man die Fähigkeit auch. Man kann an seinen Herausforderungen wachsen, man muss sich nur auf sie einlassen.


    Hilfe gegen Prüfungsangst


    Der erste Schritt ist, die Angst zu erkennen und zu akzeptieren. Keine Sorge, es gibt Millionen anderer Menschen, die ebenfalls unter Prüfungsangst leiden aber es eventuell nicht zugeben.
    Die Prüfung sollte nicht als unüberwindbares Hindernis sondern als meisterbare Herausforderung betrachtet werden.


    Zum Abbau des negativen Stress, der mit der Prüfungsangst entsteht helfen Entspannungstechniken. In heißes bad, Sport, Yoga, autogenes Training usw.
    In schweren Fällen können auch Angst-Seminare helfen.


    Wenn man in die Prüfung geht, sollte man sich immer wieder sagen „Ich habe mich optimal vorbereitet und ich werde diese Prüfung mit dem mir bestmöglichen Ergebnis bestehen.“
    Mit der richtigen Vorbereitung und der optimistischen Einstellung, stehen die Chancen sehr gut, dass das auch eintritt.


    Der worst case: der Black out


    Der schlimmste Fall tritt ein, noch eben hatte man das Wissen im Kopf und in der nächsten Sekunde ist es weg.
    Das wichtigste: Keine Panik! In der mündlichen Prüfung den Prüfer um ein paar Sekunden bitten und mitteilen, das man den Faden verloren hat, und ihn bitten die Frage noch mal zu wiederholen. Nicht versuchen krampfhaft auf den Gedanken zu konzentrieren, das verstärkt die Panik nur.
    Jetzt ist es wichtig, eine kurze Auszeit zu nehmen. Tief durchatmen und aus dem Fenster schauen, positive Gedanken suchen. Wichtig ist, sich vorzustellen, wie man sich beruhigt, wie Atmung tiefer wird, der Herzschlag sich beruhigt.


    Unter den Linktipps gibt es weitere Strategien, wie man sich bereits schon vor der Prüfung Handwerkzeugnisse aneignen kann, die einem in diesem Fall weiterhelfen können, meist mit Ansätzen aus der Hypnotherapie.


    Literatur zum Thema:
    Metzig, Werner / Schuster, Martin (1998): Prüfungsangst und Lampenfieber. Bewertungssituationen vorbereiten und meistern. Berlin u.a.: Springer Verlag. ISBN: 3540283579
    Knigge-Ilnner, Helga: Ohne Angst in die Prüfung, Eichborn Verlag, ISBN: 3821838418
    Doris Wolf und Rolf Merkle: „So überwinden sie Prüfungsängste“ Pal Verlag ISBN: 3923614365
    Schmidt, Lothar Wilhelm: Klausuren und Prüfungen ohne Ängste schreiben ISB: 3831107122 (Book on Demand)
    Kossak, Hans-Christian: Lernen leicht gemacht. Gut vorbereitet und ohne Prüfungsangst zum Erfolg, Carl-Auer-Systeme; ISBN: 3896705237
    Charbel, Ariane: Top vorbereitet in die mündliche Prüfung; Bw Verlag, ISBN: 3821476516


    Links zum Thema
    http://www.pruefungsamt.de/pruefungsangst.php
    http://www.uni-protokolle.de/pruefungsangst.php
    http://www.br-online.de/wissen…/pruefungsangst/index.xml
    http://arbeitsblaetter.stangl-…TION/Pruefungsangst.shtml
    http://www.studis-online.de/Studieren/pruefungsangst.php
    http://www.angst-auskunft.de/A…te/AAA_Pruefungsangst.htm
    http://www.psychotipps.com/Pruefungsaengste.html
    http://www.spiegel.de/unispieg…ium/0,1518,272952,00.html
    http://www.iflw.de/wissen/pruefungsangst.htm


    Zum Fa-MI-Portal Prüfungsangst-Topic

    "Ich bin nicht weise, dafür bin ich zu intelligent. Ich weiß zu viel um irgendetwas anderes zu empfinden als blankes, panisches Entsetzen."

  • Vielen Dank,
    für das wichtige Thema, wir sind bei uns nur durch Zufall drauf gekommen (vor der Zwischenprüfung) das einer unser Azubis Prüfungsangst hat.
    Es ist zwar schwierig von der betrieblichen Seite dagegen was zu machen, aber schon allein das wissen darum, ist für uns Ausbilder extrem wichtig, um früh genug eingreifen zu können.
    Hiermit möchte ich gleichzeitig eine Bitte an alle Azubis raus geben, sollte eine Prüfungsangst vorliegen und ihr meint das eine da ist, bitte was sagen, wenn ihr nicht mit eurem AusbilderInnen könnt, jemanden anders, meistens kommt es dann auch an die richtige Stelle an.


    Grüße


    tub-hh

    • Offizieller Beitrag

    Statistik: Die einzige Wissenschaft, bei der verschiedene Experten aus denselben Zahlen unterschiedliche Schlüsse ziehen können. – Evan Esar (1899-1995), amerikanischer Humorist


    ... dass diese Furcht zu irren schon der Irrtum selbst ist. - G. W. F. Hegel (Inschrift an der Fassade des Stuttgarter Hauptbahnhofs)


    Der schlimmste Fehler, den man im Leben machen kann, ist ständig zu befürchten, dass man einen macht. – Elbert Hubbard (1856-1915), The Note Book


    »Wir, die guten Willens sind, geführt von Ahnungslosen, versuchen für die Undankbaren das Unmögliche zu vollbringen. Wir haben schon soviel mit sowenig solange versucht, dass wir jetzt qualifiziert sind, fast alles mit nichts zu bewältigen.« (Internetfund)


    Erstaunlich, dass Leute mit wenig Ahnung viel Meinung haben.