"Darum schaffen sich Bibliotheken selbst ab"

  • Guten Morgen,


    vor einigen Tagen habe ich diesen Beitrag gelesen und würde gerne mal eure Meinung zu dem Thema wissen:


    Darum schaffen sich Bibliotheken selbst ab - Bibliotheken online
    Bibliotheken schaffen sich selbst ab - wenn sie nicht agieren. Was das alles auch noch mit Sebastian Fitzek zu tun hat, erfährst du hier.
    bibliotheken-online.com



    Das Problem ist in meinen Augen auch, dass ein deutlicher Pozentsatz der FaMIs nach abgeschlossener Ausbildung sich bald Jobs in anderen Bereichen suchen u./o. studieren, weil sie von der Ausbildung, dem Arbeitsalltag und dem Miteinander unter den Kolleg*Innen komplett ernüchtert und enttäuscht sind.


    Zu der Zeit als ich als FaMI für UBs ausgebildet wurde (Anfang der 2000er), hat man meinen Mitauszubildenden und mir das Blaue vom Himmel versprochen, z.B. harmonisches Arbeitsumfeld unter Gleichgesinnten, sehr gute und stetig steigende Bezahlung, flexible Arbeitszeitkonditionen, Entfristung und Jobsicherheit bis zur Rente, Verbeamtung im mittleren öffentlichen Dienst, etc. pp. Außer mir arbeitet keiner der ehemaligen Azubis von damals noch in diesem Beruf.


    Die Realität sieht jedoch völlig anders aus. In einer Bibliothek zu arbeiten bedeutet inzwischen fast nur noch Stress pur, die ständig steigende Arbeitslast wird auf viel zu wenige Schultern verteilt und bei vorsichtig ausgesprochener Kritik wird einem der Mund verboten.

    Die Arbeitszeiten sind teilweise schlimmer als in der freien Wirtschaft, oft auch viel zu unflexibel.

    Von unbefristeten Stellen kann man höchstens noch träumen, es heißt dann immer: "Ja, die ersten zwei bis vier Jahre sind befristet sozusagen eine verlängerte Probezeit, die Entfristung kommt dann irgendwann schon".

    Und dann stehst Du trotz guter Leistung nach zwei Jahren wieder auf der Straße. Verbeamtungen werden kaum noch ausgesprochen, nicht einmal für studierte Bibliothekare.

    Viele Bibliotheken haben ein großes Mobbingproblem unter den Kolleg*Innen, so das viele irgendwann einfach aufgeben, oder sich dauerhaft krankschreiben lassen, in Reha müssen, etc. Dazu ist mir das Phänomen aufgefallen, dass es extrovertierte FaMIs und Bibliothekare oft sehr schwer in unserem Job haben.

    Was bei den Kunden / Benutzern gut ankommt, (z.B.: Freundlichkeit, kommunikativ sein, auf andere Menschen zugehen) wird jedoch von KollegInnen / ChefInnen oft mit dem Vorwurf quittiert, man würde nicht ins Team passen und kann in der Probezeit durchaus eine Kündigung zur Folge haben.

    Nur, wie kann das sein? Sind extrovertierte Menschen vielleicht nicht so gerne gesehen in unserem schönen Beruf?


    In einigen Städten gibt es inzwischen einmal im Jahr eine sog. Leistungsprämie, die der Vorgesetzte festlegt, sprich selbst wenn man sich abrackert wie ein Brauereigaul, kann es sein das Du kaum etwas bekommst, sollte Dich dein Vorgesetzter nicht mögen.


    Bei den Vorstellungsgesprächen wird oft noch vollmundig suggeriert, was man für einen tiefenentspannten Job in einem tollen Team bekommt. Und von Außenstehenden bekommt man immer wieder zu hören, man würde für das "viele" Geld, dass man im Monat bekommt, ja kaum etwas tun müssen, wie gut man es doch habe...🙄


    Bei diesen ganzen Faktoren wundert es nicht, dass es kaum noch Leute gibt, die in unserem Berufszweig arbeiten wollen. Menschen, die den öffentlichen Dienst als Arbeitgeber wählen, tun dies aus gutem Grund. Sie tun dies aus Überzeugung und Liebe, sie wollen nicht unter den Unsicherheiten und den kaum auszuhaltenden Leistungsdruck der freien Wirtschaft leiden und das ist auch gut so! Wenn also unser Beruf wieder attraktiver werden soll, muss sich ganz dringend einiges ändern.


    Wie seht ihr dieses Thema?

    Was sind eure Erfahrungen


    Viele liebe Grüße und ein schönes Wochenende.🍀

    Studenten kommen von der Schule im festen Glauben, dass sie nahezu alles wissen, und Jahre später gehen sie mit der Gewissheit ab, praktisch nichts zu wissen. Wo ist das Wissen geblieben? In der Universität natürlich, wo es sorgfältig getrocknet und gelagert wird. Deswegen bezeichnet man Universitäten als Horte des Wissens. :S

    Terry Pratchett

  • Ich habe komplett gegenteilige Erfahrungen gemacht. Ja, manche Vorgesetzte und Kollegen sind schwierig, aber das gibt es auch in der freien Wirtschaft. Meine Kollegen sind alle klasse und ich mag die total. Ich wurde nach zwei Jahren entfristet und darf definitiv bleiben. Auch meine vorherigen Teams waren alle klasse. Und wir haben auch extrovertierte Leute in unseren Teams und das stört keinen.

    Lesen macht total viel Spaß!!! ;)


    "Gibt es etwas Beglückenderes, als einen Menschen zu kennen mit dem man sprechen kann wie mit sich selbst? Könnte man höchstes Glück und tiefstes Unglück ertragen, hätte man niemanden, der daran teilnimmt? Freundschaft ist vor allem Anteilnahme und Mitgefühl!"
    Marcus Tullius Cicero


    Früher Eve1992 - Ihr könnt mich aber trotzdem weiterhin Eve nennen. ;)

  • Ich versuche derzeit noch, in die Ausbildung reinzukommen, kann das mit den Kolleg*innen, die egal wo schwierig sein können, aber bestätigen. Das ist halt wirklich berufsunabhängig.

  • Hallo zusammen,

    was der Artikel anspricht und hier diskutiert wird, sind 2 verschiedene Dinge.

    Der Artikel hat in vielen Teilen recht.

    Neue Angebotsideen können von Vorgesetzten abgeblockt werden, mit verschiedenen verschleiernden Argumenten, aber oft auch mit bestimmten speziellen Argumenten wie: Zeit, Personal, Finanzierung, Nachhaltigkeit.... denn ein Angebot muss geplant werden ... Also, selbst wenn eine Idee Anklang findet, dauert es meist eine Zeit, bis die Organisation (Verwaltung) und die Finanzierung (Verwaltung oder Förderantrag) neuer Angebote steht.

    Das gilt es zu bedenken.


    Zum Thema Berufsvorstellung und Realität bzw. Mobbing, sagt der Artikel nichts.

    Auch nichts über die Finanzierungslage von Bibliotheken und arbeitsrechtlichen allgemein bekannten Praktiken.

    Ich würde hier nichts von schlechtem Betriebsklima schreiben, denn das schadet nicht nur dem Arbeitsbetrieb, sondern auch der Person, die hier negativ über Ihren Betrieb schreibt.


    Ich werde mir den Artikel jedenfalls speichern und als Inspiration immer wieder aus der Schublade holen.


    Beste Grüße

    HP

  • Ich wage jetzt zu behaupten, dass der Untergang von Bibliotheken schon mehr als einmal vorausgesagt wurde.

    Fakt ist, wir befinden uns seit jeher und stets im Wandel und müssen uns anpassen.


    Aber nun zu den (teils) steilen Thesen: Ist dein Beitrag rein subjektiv oder gibt es Fakten/Zahlen, die deine Argumente stützen?

    z.B. "Viele Bibliotheken [hätten] ein großes Mobbingproblem". Wie viele sind viele? Und ist das Problem Mobbing in Bibliotheken größer als in anderen Berufsbranchen? Ich lese viel Frust heraus, was durchaus berechtigt sein kann, wenn du derlei Erfahrungen gemacht hast. Aber so allgemein und vor allem pauschal würde ich das nicht unterschreiben. (Und ja, Thema Entlohnung ist v.a. in ÖBs mit einer E5 unterirdisch und unmöglich.)


    Ich habe aber auch eher gegenteilige, positive Erfahrungen gemacht (WB). Mein Chef und Team sind super. Ob intro- bzw. extrovertiertheit eine große Rolle spielen vermag ich nicht zu sagen. Die Bibliothekarin, den Fachangestellten gibt es nicht. Da tickt jedes Team/Abteilung/Mensch anders.

    Bin nach der Ausbildung übernommen worden, befristet, aber die Aussichten auf eine Entfristung stehen gut. Worst case muss ich mich eben nach einer neuen Stelle umsehen. Aber dieses "Risiko" ist einkalkuliert.

    "Seid Ihr der König? Also ich habe Euch nicht gewählt". (einfacher Arbeiter, Lordaeron)

  • Zitat von Bavaria



    Guten Morgen,


    vor einigen Tagen habe ich diesen Beitrag gelesen und würde gerne mal eure Meinung zu dem Thema wissen:


    https://bibliotheken-online.co…h-bibliotheken-selbst-ab/



    Das Problem ist in meinen Augen auch, dass ein deutlicher Pozentsatz der FaMIs nach abgeschlossener Ausbildung sich bald Jobs in anderen Bereichen suchen u./o. studieren, weil sie von der Ausbildung, dem Arbeitsalltag und dem Miteinander unter den Kolleg*Innen komplett ernüchtert und enttäuscht sind.


    - das kann man so pauschal nicht sagen. aus meinen jahrgang arbeitet nur noch die hälfte gefühlt als fami. viele suchten sich dann eine neue ausbildung oder studieren, weil man merkte, dass die bibliotheksarbeit doch nicht das richtige für einen ist.


    Zu der Zeit als ich als FaMI für UBs ausgebildet wurde (Anfang der 2000er), hat man meinen Mitauszubildenden und mir das Blaue vom Himmel versprochen, z.B. harmonisches Arbeitsumfeld unter Gleichgesinnten, sehr gute und stetig steigende Bezahlung, flexible Arbeitszeitkonditionen, Entfristung und Jobsicherheit bis zur Rente, Verbeamtung im mittleren öffentlichen Dienst, etc. pp. Außer mir arbeitet keiner der ehemaligen Azubis von damals noch in diesem Beruf.


    - ganz anderst als bei uns. bei uns sagte der ausbildungsbetrieb gleich, dass nicht alle übernommen werden können, weil überbedarflich ausgebildet wird. das hat schon sehr motiviert *ironie*



    Die Realität sieht jedoch völlig anders aus. In einer Bibliothek zu arbeiten bedeutet inzwischen fast nur noch Stress pur, die ständig steigende Arbeitslast wird auf viel zu wenige Schultern verteilt und bei vorsichtig ausgesprochener Kritik wird einem der Mund verboten.


    - da ist was dran. nicht alle stellen, wo die kollegen in rente gehen, werden neu besetzt und dann muss man die arbeit mitmachen.

    manchmal auch nur vorübergehend bis die stelle ausgeschrieben und wiederbesetzt ist, das wäre der optimalfall.


    Die Arbeitszeiten sind teilweise schlimmer als in der freien Wirtschaft, oft auch viel zu unflexibel.

    Von unbefristeten Stellen kann man höchstens noch träumen, es heißt dann immer: "Ja, die ersten zwei bis vier Jahre sind befristet sozusagen eine verlängerte Probezeit, die Entfristung kommt dann irgendwann schon".


    - wenn man gute arbeit leistet, dann bemüht sich die bibliothek schon um eine entfristung. bis zur halben entfristung habe ich auch rund 7 jahre als elternzeitvertretung gearbeitet ehe ich dann einen halben fuß in der tür hatte. aber besser so als vom amt leben zu müssen. habe sehr oft gehört, warum ich mich immer weiter befristen ließ und lasse, das würde ich nicht machen.. und die personen leben vom amt und haben viel viel weniger.


    Und dann stehst Du trotz guter Leistung nach zwei Jahren wieder auf der Straße. Verbeamtungen werden kaum noch ausgesprochen, nicht einmal für studierte Bibliothekare.


    - wer will heutzutage schon bei den preisen verbeamtet werden? kenne beamte, die müssen für operationen das geld vorstrecken und wer hat schon 10000 einfach so als anzahlung?


    Viele Bibliotheken haben ein großes Mobbingproblem unter den Kolleg*Innen, so das viele irgendwann einfach aufgeben, oder sich dauerhaft krankschreiben lassen, in Reha müssen, etc. Dazu ist mir das Phänomen aufgefallen, dass es extrovertierte FaMIs und Bibliothekare oft sehr schwer in unserem Job haben.


    - ich hatte das auch in der ausbildung und in der vorigen bibliothek. aber das ist in jeder branche so. man kann nicht mit der ganzen welt auskommen. und beim stellenwechsel ging es denen nicht schnell genug, zumindest in der einen abteilung. nachmittags war ich ja in einer anderen zweigstelle und da hat man mich als kollegen und meine arbeit sehr geschätzt.


    Was bei den Kunden / Benutzern gut ankommt, (z.B.: Freundlichkeit, kommunikativ sein, auf andere Menschen zugehen) wird jedoch von KollegInnen / ChefInnen oft mit dem Vorwurf quittiert, man würde nicht ins Team passen und kann in der Probezeit durchaus eine Kündigung zur Folge haben.

    Nur, wie kann das sein? Sind extrovertierte Menschen vielleicht nicht so gerne gesehen in unserem schönen Beruf?


    - wie gesagt, das kommt auf das umfeld drauf an. ich als autist kann nicht einfach so smalltalk an der kaffeemaschine halten, zumal ich keinen trinke. und manche empfinden sowas als nicht gutes betriebsklima, aber man arbeitet ja nicht, um freundschaften zu schließen.


    In einigen Städten gibt es inzwischen einmal im Jahr eine sog. Leistungsprämie, die der Vorgesetzte festlegt, sprich selbst wenn man sich abrackert wie ein Brauereigaul, kann es sein das Du kaum etwas bekommst, sollte Dich dein Vorgesetzter nicht mögen.


    - dennoch kann man ihn mit argumenten überzeugen, wenn du es auch nachweisen kannst.


    Bei den Vorstellungsgesprächen wird oft noch vollmundig suggeriert, was man für einen tiefenentspannten Job in einem tollen Team bekommt. Und von Außenstehenden bekommt man immer wieder zu hören, man würde für das "viele" Geld, dass man im Monat bekommt, ja kaum etwas tun müssen, wie gut man es doch habe...🙄


    - dazu sag ich immer, und die bücher fliegen von der buchhandlung ins regal?


    Bei diesen ganzen Faktoren wundert es nicht, dass es kaum noch Leute gibt, die in unserem Berufszweig arbeiten wollen. Menschen, die den öffentlichen Dienst als Arbeitgeber wählen, tun dies aus gutem Grund. Sie tun dies aus Überzeugung und Liebe, sie wollen nicht unter den Unsicherheiten und den kaum auszuhaltenden Leistungsdruck der freien Wirtschaft leiden und das ist auch gut so! Wenn also unser Beruf wieder attraktiver werden soll, muss sich ganz dringend einiges ändern.


    - ich habe nach einem praktikum in der BVB-maßnahme in unserer stadtbücherei mich bewusst für den bereich entschieden, da ich schon seit der 5.klasse fast jeden zweiten tag in die bibliothek gegangen bin. und habe mit der ausbildung auch das fachabitur gemacht, um mir die option offen zu halten, noch einen bachelor draufzusetzen.

    And when you hear a dining room smash

    Or up from the pantry, there comes a loud crash

    Or down from the library, there comes a loud ping

    From the vase which that was commonly said to be Ming

    - Mungojerrie and Rumbleteazer (Cats)

  • Nun, das mit dem Mobbing kenne ich. Deswegen bin ich ja jetzt in einer WB und nicht mehr in der ÖB in der ich 35 Jahre war ;)

    Aber das ist ganz klar: Schnee von gestern!


    Egal. Zum "sich selbst abschaffen"

    Wenn ich meinen Museumschef damit durchkommen lasse, dass die Bib nur was für Studierende, Professoren und seine Schwert-Kumpels ist, dann schafft sie sich selbst ab und entgleitet wieder in den Dornröschenschlaf.

    Ich denke: Alles gut, aber ;) Es ist auch ein Lernort für die Schüler*innen und Auszubildenden, für Sammler*innen, Neugierige oder Leute die historisches Handwerk aufleben lassen wollen oder Menschen, die historische Stick und Handarbeitsmuster suchen oder Ikebnana-Bücher von 1880 aus Japan suchen und so weiter! Tja!

    Wenn wir es schaffen, uns auf halber Strecke zu treffen, gibts ne Chance.

    Als Lernort, Infopunkt, Treffpunkt und Hort des historischen Wissens.

    Und ganz wichtig: (Da ziehen wir gsd an einem Strang:)

    Wenn wir es schaffen, aus meinem Rettungsplatz eine eingetragene bleibende Stelle im Stellenplan dieses städtischen Museums zu machen. In 10 Jahren gehe ich nämlich in Rente und bei TvÖD 8/9a wäre das eine super Stelle für eine engagierte*n lernbereite FaMI

    Ohne Stress ;)

    Das ist natürlich nicht so einfach.

    Drückt die Daumen.

    "Twelve highlander and a Piper makes a Rebellion" (Walter Scott) - Ich war schon immer für Rebellion! :P

  • Daumen sind gedrückt.

    mein verständnis von einer bibliothek ist, dass sie für jeden offen ist. egal ob schlauer professor oder handwerker.

    meinem verständnis nach leisten bibliothek einen wichtigen beitrag zur bildung und freizeitgestaltung.

    And when you hear a dining room smash

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    Or down from the library, there comes a loud ping

    From the vase which that was commonly said to be Ming

    - Mungojerrie and Rumbleteazer (Cats)